Weitlahner - Schnedeckenaufbau CT und ECT 16.01.2021
Neuschnee über Nacht, da lohnt es besonders früh dran zu sein!
Als Erste spuren wir heute die Forststraße des Klausengrabens an, Schneetreiben und rund 15-20cm Neuschnee wecken die Vorfreude. Vorbei am (in diesem Jahr richtig gut aufgebauten) Eisfall, den ich schon immer mal einen Besuch abstatten will, aber auch heute - wie immer rechts liegen lasse. Irgendwann müssen wir uns den “Klapfen” einmal genauer ansehen, ob es da vielleicht noch mehr zu holen gibt?
Die Forststraße ist gut eingeschneit und die Schneelage reicht gut aus, auch für eine Abfahrt ohne Steinkontakt. An den klassischen Stellen sind auch heute schon spontane Abrutsche auf die Forststraße abgegangen - alles lockerer Schnee und nichts Größeres. Ab dem Sattel zeigt sich etwas mehr die Tücke des diesjährigen Winterstarts im Chiemgau, der erst seit Mitte letzter Woche so richtig in die Puschen gekommen ist. 50 - 80 cm Schnee, davon etwa 20-30 cm neu und 30 - 40 cm von Mitte letzter Woche etwas gesetzt und darunter aufgebauter “Schwimmschnee” samt eingeschneiten Oberflächenreif.
Die Lawinensituation ist entsprechend angespannt und beim Spuren “wummt” es immer wieder. Es ist wohl zu flach, zu variabel und kleinräumig als dass es großräumig Ausbreiten würde, wir legen die Spur defensiv weit rechts (nicht auf den freien Hängen) an. Leider zeigt sich neben dem ungünstigen Schneedeckenaufbau auch schnell: unter dem Neuschnee verstecken sich teils große Steine/Blöcke, die nur schwer bis kaum zu erkennen sind - Sharkies, die gerne Kanten rausreissen und fiese Löcher in die Beläge fressen und wenns ganz blöd läuft, Skifahrende unsanft von den Beinen holen samt Verletzung.
Ein Schneeprofil, ein CT und ECT, s. Video, verifizieren die Wumm-Geräusche, die u. a. auch in der Lawinenprognose des Lawinenwarndienstes Bayerns erwähnt sind, und den ungünstigen Schneedeckenaufbau. In größeren zusammenhängenden Hängen dieser Steilheit wäre es sicher äußerst gefährlich gewesen.
Wie spannend und lehrreich das wieder war! Die Ergebnisse von heute teilen wir gerne auf diesem Weg mit euch.
Kurz aufgeschlüsselt und auf das Wesentliche reduziert, wie (auch aufgrund der Schneedeckentests) unser Risikomanagement an diesem Tag aussah, für diejenigen, die das Gelände kennen:
2(er) und 3(er) oberhalb 1600 m in allen Expositionen, Problem Neu- und Triebschnee:
Schneedeckenaufbau ist äußerst ungünstig = hohe Gefahr (Eintrittswahrscheinlichkeit Lawinenabgang hoch), dafür ist der Hang neben der Rinne sehr variabel strukturiert - viele Latschen. Die zu erwartende Größe der Lawine also klein (Rutsch) = eher geringe Konsequenz (Schadensausmaß).
Einzig die Rinne ist vom Risiko(= Gefahr x Konsequenz) von unten kommend problematisch.
Soweit die Fakten, jetzt zu den Maßnahmen, um im Idealfall Gefahr und Konsequenz zu verringern:
Aufstieg: Absolut defensiv unterwegs sein: ☝️Entlastungsabstände bzw. z. T. auch wo es "kritisch" wurde
>Sicherheitsabstände (nur 1 Person im Einzugsgebiet)
>defensive Routenwahl = Rinne meiden:
Umsetzung: Wir haben weit rechts, nah an den Latschen gespurt und die Rinne während des Aufstieges konsequent gemieden. Erst ganz oben, wo die Latschen den Weg versperrt haben (quasi schon oberhalb der Rinne), haben wir gequert (hier war das "Problem" unter uns).
Abfahrt: Ebenso defensiv:
>Einzeln fahren mit sicheren Sammelpunkten
>defensive Routenwahl
Umsetzung: Der erste Schwung in die Rinne hat bereits ein kleines Schneebrett ausgelöst, das aber recht schnell zum liegen kam. Im Video ist es zu erkennen, wenn du genau darauf achtest - im Abfahrtssinn rechts von mir. Nach der Einfahrt habe ich mich sofort links Richtung unserer Aufstiegsspuren orientiert. Erst als ich einen sicheren Standpunkt hatte, fuhr die nächste Person.
Die vom ungünstigen Schneedeckenaufbau herrührenden “Wummbser” sind deutlich von den Skit-treffen-Stein “Rumpser” zu unterscheiden. Und doch hat beides den aufgebauten Schwimmschnee samt reif der langen trockenen Kälteperiode als Grundlage gemein, nämlich keine gescheite Grundlage…
Runterwärts geht es mit viel lockeren Schnee um die Nasenflügel. Ein zweiter Run folgt sogleich dem ersten und die paar Mal unsanften Stein-/Feindkontakt macht das langersehnte und überbordende Gefühl im weißen Gold schnell vergessen…
Hinweis: Respektiere deine Grenzen zum Schutz der Natur und Erhalt des Tourengeländes! Vom 1.12. bis zum 31.03. ist das Gelände nur entlang der Skiroute/Skimarkierung freigegeben, vgl. AV-Karte.